Sie ist eine kluge Frau. Nun, und? Dies kann auch hinderlich sein. Sie ist eine reizende Frau. Schon besser. Sie ist eine sehr begabte Schauspielerin, und das macht das Leben zuweilen schwer. Tatjana Sais hat als junges Ding im Ballett der Frankfurter Stadttheater angefangen. Und weil es wohltuend war, zu sehen, wie alles, was sie versuchte, gelang, holte sie Heinz Hilpert schließlich ganz ins Schauspiel hinüber. Richtige Schauspieler können eben alles: tanzen, singen, jonglieren, zaubern.
Es brach die bekannte gernegroße Zeit aus, die auch ihre Theaterjahre unterbrach und sie an Werner Fincks Kabarett “Die Katakombe” führte. Nach dem Kriege kam das Kabarett “Der Ulenspiegel” in Berlin mit dem “Schwarzen Jahrmarkt” und “Alles Theater”. Wieder Erfolge für Tatjana Sais. Zum Kabarett gehört Fixigkeit, es muß schnell kapiert und produziert werden. Es ist für Kurzweilige. Man begeistert sich an sich selbst. Am Theater braucht man den anderen, um sich zu entzünden. (…)
Jeder kennt sie aus den “Insulanern” im RIAS, und es kennt sie, wer “Die geliebte Stimme” (Cocteau) im NWDR oder “Die große Katharina” (Shaw) im RIAS gehört hat. (…)
“(…) Ihr Name stand auf unzähligen Theater- und Kabarettprogrammen, in Film- und Fernsehvorspannen. Sie war bekannt. Aber wirklich kannten sie nur wenige. Tatjana Sais wurde in Frankfurt geboren, ihre Vorfahren waren zum Teil Russen. Mit vier schon Ballettelevin an der Oper, mit 17 Schauspielerin, an dem damals bedeutenden Neuen Theater konnte man sie in großen und größten Rollen sehen, wenig später auch auf Berlins Bühnen. Dann Kabarett, politisches Kabarett, natürlich zuerst an der “Katakombe” mit Werner Finck, 1935 auch mit anderen. So lernte sie den etwas jüngeren blonden, schmalen Günter Neumann kennen, der viele Chansons oder auch Opernparodien – und was eben so in Kabaretts anfällt – textete und komponierte. Aus einer Affaire wurde eine Ehe. Aber wichtiger war und blieb die künstlerische Ehe. (…) Später, nach ihrer Scheidung von Günter Neumann und ihrer Verheiratung mit Hugh Carlton Greene, zog sie nach London. Aber auch als Lady Tatjana Greene blieb sie Berlin treu. Als Günter Neumann starb, übernahm sie, die er zur Universalerbin gemacht hatte, die Verwaltung seines künstlerischen Erbes. (…)"